[engl.: Competence]
Synonyme: Fach- und Sachverstand, Urteilsfähigkeit, Sachkenntnisse, Zuständigkeit,–› Befugnis
(1) Befähigung, die ein Individuum, eine Personengruppe, eine Organisation, ein Wirtschaftszweig oder eine Gesellschaft (Land, Staat) auf einem bestimmten Gebiet oder in definierten Bereichen besitzt.
(2) Nachgewiesene Fähigkeit, Wissen und/oder Fertigkeiten (in einem bestimmten Fachbereich) anzuwenden, sowie dort, wo dies relevant ist, der Nachweis persönlicher Eigenschaften [3, 23, 24].
Der Begriff »Kompetenz« wird im allgemeinen Sprachgebrauch (bezogen auf Personen) häufig auch synonym für Zuständigkeit oder Befugnis verwendet. Im GPM-Fachbuch Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3) [2] wird deshalb zwischen Formaler Kompetenz (Zuständigkeit, Befugnis) einerseits und Handlungskompetenz andererseits unterschieden. Handlungskompetenz setzt sich zusammen aus:
(a) Fähigkeit (Wissen, Können, Erfahrung) und
(b) Einstellung (Verhalten). Die unterschiedlichen (oft zu Missverständnissen führenden) Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs »Kompetenz« verlangen vom Benutzer stets eine Präzisierung dessen, was er genau meint: Geht es (nur) um Zuständigkeit oder Befugnis oder um Sach- und Fachverstand oder um Beides? Für Letzteres wird in [2] der (deutsche) sprachwissenschaftliche Begriff »Performanz« benutzt. Diese zeigt sich erst in einer konkreten (bekannten oder auch neuartigen) Situation, ob nämlich eine Person angemessen handeln kann und darf. Diese Unterscheidungen sind nicht nur im Hinblick auf eine unabhängige Kompetenzbestätigung (Zertifizierung = Darlegung/Nachweis/ Prüfung von Fähigkeiten, Einstellungen, Zuständigkeit/Befugnis) von wesentlicher Bedeutung. Handlungskompetenz wird im allgemeinen Sprachgebrauch zuallererst Personen zugeschrieben (seltener Organisationen); man spricht auch von individueller oder Individualkompetenz. Üblicherweise differenziert man dabei nach Kompetenzarten oder Kompetenzbereichen [engl.: Competence Ranges], z.B.:
Fachkompetenz: Erworbenes Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit befähigen.
Methodenkompetenz: Kognitive Fähigkeit, sich selbstständig neues Wissen und neue Arbeitsmethoden anzueignen und zielorientiert auf Ergebnisse hinzuarbeiten.
Organisationskompetenz: Fähigkeit, neue Arbeitsstrukturen zu bilden und vorhandene zu gestalten, Handlungsspielräume zu nutzen, angemessene Regelungen zu schaffen, um komplexe Aufgabenstellungen zu lösen.
Sozialkompetenz: Fähigkeit, konstruktive und langfristig tragbare Arbeitsbeziehungen herzustellen und respektvoll miteinander umzugehen, auch bei unterschiedlichen Meinungen.
Personale Kompetenz: Fähigkeit zur Reflexion und Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen sowie persönliche Ausstrahlung und Führungseigenschaften.
Je nach Sach- und Fachgebiet werden diese allgemeinen Kompetenzbereiche verschieden gruppiert, interpretiert und benannt. In besonderen Situationen – beispielsweise in internationalen Projekten – sind weitere Kompetenzen erforderlich, z.B.:
Interkulturelle Kompetenz: Fähigkeit, sich
die eigene kulturelle Prägung bewusst zu machen, Kulturmodelle zu kennen und auf die eigene Handlungsweise übertragen zu können [17].
Sowohl in der Literatur als auch in der Praxis existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Kompetenzmodelle zur Beurteilung der Kompetenz von Personen. So definiert die ICB 4.0 [39] individuelle Kompetenz als die Anwendung von Wissen (knowledge), Erfahrungen (skills) und Fähigkeiten (abilities) zum Erreichen von angestrebten Zielen. Nach einem prozessorientierten Modell von L. Crawford [13] besteht individuelle Kompetenz beispielsweise aus drei wesentlichen Komponenten:
Input-Kompetenz: Wissen und Kenntnisse, aus Qualifizierung und Erfahrung gewonnene Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit.
(Intra-)Personale Kompetenz: wesentliche Persönlichkeitsmerkmale, die eine Person zur Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit befähigen.
Output-Kompetenz: Fähigkeit und deren Nachweis, in einem bestimmten beruflichen Bereich eine geforderte Leistung zu erbringen. Nach einem (auf D. Goleman basierenden) Kompetenzmodell werden in [33] die Dimensionen der »Individualkompetenz« zunächst differenziert nach informeller und formeller Kompetenz (letztere im Sinne von Befugnis).
»Informelle Kompetenz« wird definiert als das Vermögen individueller Fähigkeiten samt Umsetzung und weiter untergliedert in emotionale und kognitive Kompetenz. Die »kognitive« Kompetenz bezeichnet das Vermögen, eigenes Wissen (Fach- und Methodenwissen) samt Erfahrungen um bzw. einzusetzen. Die »emotionale« Kompetenz, dem Vermögen, mit sich selbst und anderen umzugehen, wird weiter in die Bereiche Sozialkompetenz (alle Fähigkeiten im Umgang mit Anderen) und Selbstkompetenz (Selbstwahrnehmung, Selbstkontrolle, Selbstmotivation) unterteilt.
Im Rahmen der Entwicklung von Reifegrad Modellen für Organisationen (–› Business Excellence Models) entstanden auch verschiedene allgemeine Kompetenzmodelle zur Beurteilung der »individuellen Reife« von Personen. Sie werden im Englischen als People Capability Maturity Models (P-CMM) bezeichnet (in Anlehnung an die Reifegrad-Modelle für Organisationen). Wie diese enthalten sie meist fünf Ebenen zur Analyse, Beurteilung und Bewertung der »persönlichen Reife«: (1) Initial, (2) Repeatable, (3) Defined, (4) Managed, (5) Optimizing. Andere Modelle klassifizieren beispielsweise nach sechs Stufen: (1) Innocent, (2) Aware, (3) Apprentice, (4) Practitioner, (5) Journey person, (6) Master [12].
Die IPMA hat mit der IPMA Organisational Competence Baseline (OCB) eine Kompetenzrichtlinie für die Zertifizierung von Organisationen entwickelt [44].
–› IPMA Organisational Competence Baseline Projektmanagement-Kompetenz, Kompetenzrichtlinie, Selbstbewertung, Selbstmanagement